Die Zeit rennt: bereits seit zwei Jahren ist die neue Busbibliothek auf Bremens Straßen unterwegs.
Die Erwartungen waren groß: nach 20 Jahren gab es nicht nur ein neues Fahrzeug, auch das Aufstellungskonzept wurde verändert und außerdem hielt auch noch neue Technik Einzug in Bremens mobile Bibliothek.
Nach zwei Jahren ist es Zeit, ein Zwischenfazit zu ziehen. Kurz gefasst lässt sich sagen: die Erwartungen wurden erfüllt, die Nutzung der Busbibliothek hat stark zugenommen. Die „alten“ Stammleser kommen weiterhin, neue sind hinzugekommen. Es konnten neue Haltestellen eröffnet werden und das Konzept der „Medienrückgabe überall“ hat sich gerade in der Busbibliothek zu einem wichtigen Servicemerkmal entwickelt.
Rückblende: im Sommer 2011 hieß es Abschied nehmen vom alten Bibliotheksbus. 1991 noch „state of the art“ nagte der Zahn der Zeit doch deutlich am Fahrzeug. Das bezieht sich nicht nur auf den Fahrzeugbereich, der keinerlei modernen Umweltrichtlinien genügte und an dem der Rost arbeitete, sondern auch auf die Situation im Fahrzeuginneren: die Möblierung ließ keine zeitgemäße Präsentation von Medien wie etwa DVD, CD, aber auch Zeitschriften oder Bilderbüchern zu. Die Situation an den Ausleih- bzw. Rückgabeplätzen war oftmals chaotisch, da diese Bereiche auf einen Punkt im Fahrzeug konzentriert waren – mit der Folge, dass wegen der Warteschlangen die Medien, die in diesem Bereich untergebracht waren, kaum genutzt werden konnten.
Die Aufenthaltsqualität für Leserinnen und Leser tendierte zeitweise gegen null – so es gab z.B. keine Sitzmöglichkeit.
Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war die Situation mitunter abenteuerlich: Auch bei Regen, Schnee und Eis konnten frisch zurückgegebene Medien oftmals nur mit einem Umweg nach draußen in die Regale zurückgestellt werden – es war schlicht kein Durchkommen.
Diese Erfahrungen bildeten die Grundlage für die Planungen des neuen Bücherbusses. Früh war sehr klar, dass Ausleihe und Rückgabe getrennt werden sollten, so dass eventuelle Warteschlangen nicht mehr bedeuten, das große Bereiche des Bestandes nicht mehr für andere LeserInnen zugänglich sind. Natürlich: ganz verhindern lassen sich Warteschlangen nicht, aber auch deren Vermeidung war das Ziel. Für Beratungen und Bestellungen aus anderen Bibliotheken wurde ein Infoplatz in der Fahrzeugmitte eingerichtet, so dass dieser Service von den anderen Arbeitsplätzen abgezogen werden konnte.
Die eigentlichen Ausleihen und Rückgaben wurden durch die erstmals in der Busbibliothek eingesetzte RFID-Technik zusätzlich beschleunigt.
Die Arbeitplätze wurden offen gestaltet, so dass zurückgegebene Medien zügig wieder im Ausleihbestand landen. Für die Medienpräsentation – insbesondere für CD und DVD, aber auch für Bilderbücher und Comics – wurde eine ebenso attraktive wie praktische Möblierung eingeplant. Eine weitere Maßgabe: „hell“ sollte es in diesem Bus werden, Dach- und Seitenfenster, sowie eine helle Farbgebung im Fahrzeuginneren sollten in der Busbibliothek zum Verweilen einladen – dazu wurden dann also auch noch entsprechend Sitzgelegenheiten eingeplant.
Ein weiterer Kritikpunkt an der alten Busbibliothek waren die Stufen im Publikumsbereich, die immer wieder zu Stolperfallen wurden (auch wenn es nie ernsthafte Stürze gab). Im neuen Bus sollte es das nicht mehr geben, der gesamte Bibliotheksbereich sollte stufenlos und auf einer Ebene Platz finden – und das durchgehend mit einer Stehhöhe von mehr als 2m!
Mit diesen Vorgaben wurde nach einer europaweiten Ausschreibung die finnische Firma Kiitokori beauftragt, basierend auf dem Volvo-Busmodell B7R die neue Busbibliothek für Bremen zu bauen. Das Fahrzeug wurde im August 2011 von der Stadtbibliothek übernommen und die Medien zogen vom alten in das neue Auto um. Offizielle Eröffnung war am 27. August 2011.
Wirklich spannend wurde dann aber der Praxistest – würde die neue Busbibliothek mit den zahlreichen Änderungen zum alten Fahrzeug angenommen werden?
Wir waren wirklich überrascht, wie gut und (fast) problemlos der neue Bus angenommen wurde. Der deutlich größere Bereich für Kinder wurde sehr gut angenommen. Ebenso hat sich die Trennung von Ausleihe und Rückgabe sehr bewährt. Warteschlangen konnten deutlich verringert werden und die Medien sind sehr viel besser zugänglich, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Dies spiegelt sich auch in den Ausleihzahlen wieder, die seit 2010 um über 22% gestiegen sind.
In der Busbibliothek finden über 4.000 Medien Platz. In den Kofferräumen können Klassensatzkisten und sogar ganze Bücherflohmärkte untergebracht werden, so dass der Ausleihbetrieb nicht mehr durch herumstehende Kisten beeinträchtigt wird.
Es wurde seitens der Leserinnen und Leser vereinzelt auch Kritik geäußert: Der Romanbereich ist im Vergleich zum alten Bus etwas verkleinert worden – auf der anderen Seite ist der in diesem Bereich präsentierte Bestand aber sehr aktuell und attraktiv, so dass auch in diesem Segment die Ausleihzahlen angestiegen sind.
Die Begeisterung über diesen Bus überwiegt sehr deutlich - und sie hält sich bis heute. Befindet man sich im Inneren der Busbibliothek, so wird der Raum kaum noch als Fahrzeug, sondern als Bibliothek wahrgenommen – auch wenn diese manchmal etwas schaukelt.
Zum Fahrzeug selbst:
Der Verbrauch des Motor bewegt sich zwischen 32 und 33 l Diesel je 100km, hinzu kommt die Standheizung. 2012 verbrauchte der Motor so 3200l Diesel und die Heizung 870 l.
Es gab auch kleinere „Kinderkrankheiten:
- Es musste ein Dachfenster ausgetauscht werden, nachdem es beim Öffnen und Schließen Probleme gab.
- Der Bordcomputer gab zeitweise eine falsche Fehlermeldung bezüglich der Bremsen aus.
- Der Türmechanismus hat sich mehrfach selbstständig gemacht und musste nachjustiert werden. Zudem musste die Türsteuerung „entschärft“ werden, da man zunächst die Türen mit den Drückern im Publikumsbereich nicht nur öffnen, sondern auch schließen konnte.
Dinge, die man im Nachhinein gerne anders gelöst hätte:
- während der Heizperiode ist je nach Windrichtung Abgasgeruch der Standheizung im Fahrzeug wahrnehmbar. Die Lage des Abgasrohres ist offensichtlich nicht optimal (wurde aber wegen der Abgasleitung im Magazin so von uns gewünscht)
- Die Stufe zur hinteren Theke ist sehr hoch, eine zusätzliche Stufe wird wohl noch nachgerüstet werden müssen.
- Auf der rechten Fahrzeugseite wird der tote Winkel in Höhe des Vorderrades durch eine Kamera auf den Monitor beobachtet. Ein Rampenspiegel wäre an dieser Stelle sinnvoller gewesen, da man nicht gleichzeitig die Spiegel auf der Beifahrerseite und den Monitor im Auge behalten kann.
- Im WC-Raum fehlt ein (Dach-)Fenster.
2012 wurde die Busbibliothek von über 2100 aktiven Leserinnen und Lesern genutzt, wir hatten 43500 Besuche und es wurden über 103.000 Medien entliehen. Es sieht so aus, als ob diese Zahlen 2013 noch einmal übertroffen werden können. Man kann also zusammenfassen: Diese neue Busbibliothek Bremen ist ein voller Erfolg.
Neu trifft alt (Sommer 2011)
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