Quelle: Pressestelle des Kreises Paderborn (Diana Borghoff)Abenteuer Bücherbus
20-Jährige schildert im Kreiskulturamt ihre Erlebnisse und Eindrücke vom anderen Ende der Welt - Mit dem Bibliobús“ quer durch Nicaragua
Esther Ahmann aus Bentfeld schildert ihre Erlebnisse und Eindrücke vom einjährigen Aufenthalt in Nicaragua
Kreis Paderborn/Bentfeld (WV). Schon als Grundschülerin begeisterte sich Esther Ahmann für Bücher. Keine Frage, dass die Bentfelderin deshalb regelmäßig auf den Bücherbus des Kreises Paderborn wartete. Bücher begleiteten die 20-Jährige auch durch die vergangenen Monate. Doch nicht in der Heimat, sondern rund 20 Flugstunden und mehr als 9000 Kilometer entfernt: Für ein Jahr lebte und arbeitete Esther in Nicaragua.
Für ihr soziales Jahr ausgesucht hatte sich die künftige Wirtschaftspsychologie-Studentin ein Bücherbus-Projekt in Zentralamerika. Wie die Menschen dort arbeiten und leben, erzählte sie nach ihrer Rückkehr den Mitarbeitern des Kreiskulturamtes. Auf die Frage des stellvertretenden Kulturamtsleiters, Heinz-Josef Struckmeier, wie sie auf diese Idee gekommen sei, sprudelt es aus Esther nur so heraus.
"Was mach' ich nach der Schule?", fragte sich die damalige Abiturientin und nahm dabei immer wieder ein Jahr im Ausland mit in die engere Wahl. Bei stundenlangen Recherchen im Internet stieß sie schließlich auf den "Bibliobús" in Nicaraguas Hauptstadt Managua. "Hey, den Bücherbus kenn' ich. Aus meiner eigenen Schulzeit", stutzte die 20-Jährige. Noch heute leiht ihre ganze Familie regelmäßig Medien bei der Kreisfahrbücherei aus. Esthers Vater, Rainer Ahmann, engagiert sich unteranderem im Förderverein des Bücherbusses. Über die Organisation "Sozialer Friedensdienst Kassel e.V." erhielt die Bentfelderin die Zusage für ihr soziales Jahr.
"Ich wusste außer meinem Jahresprojekt eigentlich nichts. Noch nicht mal, wo ich schlafe. Es war echt abenteuerlich", so die Studentin. 73 Haltestellen fährt der Bücherbus des Kreises Paderborn regelmäßig an. Der einzige nicaragische Bücherbus "Bibliobús" hat dagegen eine ganz andere Struktur in der Route: Quer durch das ganze Land steuert er sieben Schulen und vier Gefängnisse an. Das bedeutete auch für Esther, zweimal wöchentlich eine Tagesreise zu unternehmen. "Morgens um 6 Uhr geht's los. Abends um 21 Uhr waren wir zurück", erzählt Ahmann. "Ich konnte mein Schulspanisch, mehr nicht. Englisch können die Menschen dort eigentlich nicht". Und auch der Bücherbus war so ganz anders, als Esther ihn kannte. Dort fährt aktuell ein robuster, buntbemalter Lastwagen. Die Bücher werden in den Regalen eingeklemmt, damit sie auf den langen, meist ungeteerten Buckelpisten nicht auf dem Fußboden laden. Der Bibliobús fährt ergänzend zu einer Bibliothek. Auch dort arbeitete die 20-Jährige, gab Deutschkurse für Erwachsene, übersetzte Texte oder half bei Werbeprojekten mit. Einen Verdienst erhielt sie nicht. Für ein Jahr lebte Esther dort. "Lesen zu können ist in Nicaragua nicht normal". Ein Buch kostet umgerechnet zehn bis 15 Euro. Das können sich die Menschen nur selten leisten. Besonders die Kinder stürzen sich deshalb auf Kinderund Jugendbücher mit vielen Bildern. "Astrid Lindgren kannte dort keiner", schmunzelt die Abenteuerin. Auch habe sie versucht, jedem Besucher Ronja Räubertochter schmackhaft zu machen. "Nicht wirklich mit Erfolg". Bei den Erwachsenen sind Kochbücher hoch im Kurs. Selbst besuchen durfte die Bentfelderin die Gefängnisse aus Sicherheitsgründen auf den regelmäßigen Fahrten nicht. Für ein Theaterprojekt aber gelangte sie hinter die Gefängnismauern. Als das heimische Bücherbus-Team über Rainer Ahmann vom Förderverein "Der Bücherbus" von den Plänen seiner Tochter erfuhr, sammelte es prompt doppelte und ausrangierte Bücher zusammen und schnürte ein großes Paket. "Das habe ich dort in Empfang genommen und mich riesig gefreut", erzählt die junge Frau. Nur so kann das Projekt am anderen Ende der Welt funktionieren. Denn alle Mitarbeiter und Bücher werden über den Verein "Pan Y Arte e.V." und somit über Spendengelder finanziert. Neun feste und pro Jahr ein freiwilliger Mitarbeiter arbeiten im Bibliobús und Bibliotheken-Team. 40 Cordobar, wenig mehr als ein Euro, erhalten sie pro Fahrt mit dem Bücherbus zu ihrem Verdienst dazu. Und doch lieben sie ihren Job. "Unser Fahrer lebt dafür", erzählt Esther. Von der damaligen Gründerin des Projektes, einer deutschen Bibliothekarin, wurde er in einem Arbeitsamt angesprochen. Wo in Nicaragua rund 200 Bücher im Bibliobús-Regal einen Platz finden, sind es im Kreis Paderborn ungefähr 6000 Medien. 50 000 Bücher, DVDs, Kassetten und Hörbücher sind außerdem im Bürener Magazin eingelagert. Bibliobús und Bibliothek bieten in Mittelamerika zusammen 14 000 Bücher. Auch das deutsche Ausleihsystem mit neuester Technik, Barcodes, Laptop und Internet ist für Nicaragua neu. Esther arbeitete dort noch mit einem Karteikartensystem. Und während die Leserinnen und Leser im Kreis Paderborn in der Regel rechtzeitig und ordnungsgemäß ihre Medien zurückbringen, gilt in Nicaragua das Motto "Komm ich heut' nicht, komm ich vielleicht morgen". "Es geht viel verloren", erzählt die 20-Jährige, die mit unbezahlbaren Erfahrungen und Erlebnissen auf ein "bereicherndes und spannendes Jahr" zurückblickt.
Und sollte ihre Gastschwester sie tatsächlich - wie geplant - in den nächsten Jahren einmal in Deutschland besuchen, ist auch schon klar, was sie hier erwartet. "Sie kommt natürlich zu uns, zum Bücherbus", lautet das Angebot von Heinz-Josef Struckmeier.
Mit dem Bibliobús quer durch Nicaragua
Mit dem Bibliobús quer durch Nicaragua
Re: Mit dem Bibliobús quer durch Nicaragua
Und hier der Link zum Blog von Esther Ahmann, in dem sie (mit tollen Fotos illustriert) über die Zeit in Nicaragua und die Arbeit im Bibliobus schreibt:
https://estherinmanagua.wordpress.com/
https://estherinmanagua.wordpress.com/
Johannes v. Freymann - KFB Celle - Vors. dbv-Kommission Fahrbibliotheken
"Without libraries what have we? We have no past and no future."
(Ray Bradbury)
"Further on up the road ..."
(Billy Blue, Eric Clapton and many more)
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