Vielen Dank für Ihre Anfrage, sehr geehrte Frau Höft und dankeschön für die darauf folgenden, konstruktiven Beiträge.
Kaum ein Thema wird derart kontrovers diskutiert und kaum eines ist so vielschichtig wie die Suche nach einer Alternative zum Dieselantrieb. Dazu eine kurze Stellungnahme abzugeben ist schwierig, beinahe unmöglich. Aber einen Versuch wert.
Erd- oder Biogas, wie in München vorgesehen, ist praktikabel. Ein Gasmotor ist ein Zündkerzen- (=Otto-) Motor und kann ohne weitere Anpassungsmaßnahmen sowohl Erd-, als auch Biogas verarbeiten. Ein Bücherbus mit Biogasantrieb wurde von Kiitokori bereits gebaut. Vorteilhaft bei Gasbussen ist, dass solch ein Gas – Ottomotor bei den meisten Herstellern den selben Motorblock aufweist wie der entsprechende Dieselmotor. Der Antrieb unterscheidet sich im Layout deshalb nicht wesentlich vom Triebstrang eines Dieselbusses. Eine grundsätzliche Neukonstruktion, wie beim Elektrobus, ist also nicht notwendig. Ein Gasmotor liefet, ähnlich wie sein Dieselpendant, eine Grundwärme, die zur Innenraumbeheizung herangezogen werden kann.
Ob ein CNG Antrieb (CNG = Compressed Natural Gas) in Frage kommt, hängt von der lokalen Gas – Infrastruktur ab. Eine Tankanlage für Nutzfahrzeuge in der Nähe ist Voraussetzung für eine zügige und vollständige Befüllung der Behälter. Ein generelles Problem bei Erd- oder Biogas stellt die stark schwankende Qualität der Ware und diesbezüglich in erster Linie deren Wassergehalt dar. Hoher Wassergehalt kann vor allem im Kurzstreckeneinsatz zu Korrosionsproblemen im Motor führen.
Vor allem ein finanzieller Nachteil, aber auch der Ökobilanz nicht zuträglich ist, dass gemäß der Verordnung für Gasanlagen in Fahrzeugen die Gasbehälter nach spätestens zehn Jahren Betrieb getauscht werden müssen. Dies unabhängig von deren Zustand und der Laufleistung des Fahrzeugs.
Sehr viel mehr im Fokus aktueller Debatten allerdings steht der Elektrische Antrieb. Es gibt seit den letzten Diskussionsrunden im Forum Neuigkeiten. Geblieben ist, dass die Fahrzeugindustrie nach wie vor keine für den Aufbau einer Schweren Fahrbibliothek geeigneten Chassi stellt. Inzwischen sind aber sind von namhaften Zulieferern für solche Fahrzeuge geeignete Antriebskomponenten erhältlich. Die zweite gute Nachricht ist, dass das Fahren damit problemlos funktioniert.
Es bedeutet allerdings auch, dass die noch immer erforderliche Entwicklungsarbeit von den großen (Chassis-) Herstellern auf die kleinen Aufbauhersteller übertragen wird. Und diese ist erheblich, manifestiert sich vor allem in unzähligen Details.
Denn es bedingt im Gegensatz zum Gasbus der Elektrische Antrieb in weiten Teilen die Neukonstruktion des Fahrzeuges. Wer den Anfang macht, handelt sich einen absoluten Prototypen ein. Einige Städte und Kommunen scheinen bereit zu sein, dieses Risiko einzugehen. Im Inland und auch international sind es ein paar mehr als Saarbrücken, Heidelberg und Regensburg.
In der Wintersaison verbraucht ein Bücherbus gerne mal mehr als 50% der mitgeführten Energie für die Beheizung. Da diese Fahrzeuggattung vergleichsweise wenig fährt, aber viele Stunden beheizt wird, sollte, wie im Forum von Herrn Schleiwies bereits angemerkt, von einer doppelten Umstellung gesprochen werden; der des Antriebs und der des Heizsystems.
Der energetisch noch größere Wahnwitz als der Elektrische Heizlüfter ist der batteriebetriebene Elektrische Heizlüfter. Genau so einer allerdings wird zur elektrischen Beheizung eines Bücherbusses betrieben.
Eine Möglichkeit ist, die Heizung eines elektrisch angetriebenen Bücherbusses konventionell mit Diesel- oder Heizöl zu betreiben. Gas ginge natürlich auch. Etwas eleganter, aber auch aufwendiger ist eine Kraft- / Wärmekopplung mit den aufgeführten Betriebsstoffen. Dafür sind natürlich zuätzlich zu den Akkus Betriebsstoffbehälter mitzuführen und bei Bedarf aufzufüllen. Auch ein Abgasrohr, die damit eiher gehenden Gerüche und Betriebsgeräusche gehören dazu. Generell muss etwas mehr Energie in die Beheizung eines Elektrobusses als in die eines Dieselbusses investiert werden. Dies, weil der Antriebsmotor keine Wärme abgibt und auch, weil Elektrische Steuerungssysteme in der Kalten Jahreszeit für die sichere Funktion temperiert (=beheizt) werden müssen.
Als Faustregel kann gelten, dass 100.000 Euro in den Batteriesatz investieren muss, wer elektrisch fahren, elektrisch heizen und nach einem langen Arbeitstag sicher nach Hause kommen möchte. Für die Herstellung dieses Akkupakets werden ca. 40 bis 45 Tonnen CO2 in die Atmosphäre emittiert. Ein Vorgang, der sich wiederholt, wenn die Batterien nach ca. 10 Jahren getauscht werden müssen.
Lange wurde davon ausgegangen, dass der Preis für Litium – Ionen Batterien, bedingt durch die erwartete Massenproduktion, fallen würde. Das trat nicht ein und wird nicht eintreten. Denn lange bevor der große Ansturm auf Elektrische Mobilität losbricht, werden die dazu benötigten Rohstoffe knapp. Das betrifft das Lithium selbst, aber auch Kadmium oder die in den Antrieben verbauten, Seltenen Erden.
Lithium wird nicht recycelt. Weil es sich (noch) nicht lohnt. Doch selbst wenn Recycling dieses Rohstoffes eines Tages stattfindet, werden die so gewonnen Rohstoffe allenfalls ein kleiner Zufluss in den großen Strom der benötigen Menge sein.
Forscherteams arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung neuer Batteriesysteme, deren elektrochemische Reaktionen auf anderen Materialpaarungen als dem jetzt gebräuchlichen Litium und Kobaltdioxid basieren. Die bei nochmals höherer Energiedichte energetisch günstiger herzustellen sind. Solche Stromspeicher werden kommen und auch eine verbesserte elektromobile Infrastruktur. In zehn Jahren, realistischer in zwanzig, kann es so weit sein. Nicht ganz von der Hand zu weisen sind pragmatische Stimmen, die raten, mit dem Umstieg noch zu warten.
Jede umweltorientierte Maßnahme im Fahrzeugbau zeigt mit steigender Stückzahl und Laufleistung größere Effekte. Was beides betrifft, ist der Bücherbus ein eher kleiner Umweltsünder.
Dies ist wohl ein Grund dafür, dass es bezüglich der tatsächlichen Umweltbilanz der beiden Antriebskonzepte Diesel und Elektrisch im Bücherbus keine tragfähigen Aussagen gibt. Wohl aber Rechenmodelle zum CO2 Ausstoß im Fahrbetrieb und auch bei der Produktion. Auf Basis dieser Modelle erstellten wir interne Berechnungen zur Bilanz eines Bücherbusses über zehn Jahre. Verglichen wurden ein Dieselbus und ein elektrisch angetriebener und beheizter Bus.
Wie erwartet, belastet der E – Bus die Umwelt mit jedem gefahrenen Kilometer deutlich geringer als das Diesel – Pendant. Das Heizen hingegen und die Produktionsblianz sind ungünstiger. Ein Bücherbus fährt recht wenig, wird aber über vergleichbar viele Stunden beheizt.
In der Zehnjahresbilanz liegen der Diesel- und der elektrisch betriebene Bücherbus erstaunlich dicht beisammen.
Ein Grund dafür ist, dass der Dieselantrieb, in seiner Nutzfahrzeugversion zumal, deutlich besser ist als sein Ruf. Das liegt zum einen im hohen thermodynamischen Wirkungsgrad begründet. Aber sicherlich auch darin, dass Abgastricksereien im PKW Bereich durch die dort angewandten Messmethoden Türen zumindest ein gutes Stück weit aufgestoßen wurden. So finden PKW Abgasmessungen quasi im Schongang statt. Sowohl der Bereich hoher Geschwindigkeit, als auch der hohe Lastbereich werden nicht erfasst. Nutzfahrzeugantriebe hingegen werden ohne Peripherie nach Lastpunkten gemessen, welche auch die Volllast umfassen. Verglichen mit einem 30 Jahre alten Aggregat, emittiert ein Euro 6 Antrieb nur noch 2% der Stickoxide.
Besser als erwartet ist nach der Erfahrung der ersten vier Betriebsjahre das Kurzstreckenverhalten der Euro 6 Dieselmotoren. Legt der Bücherbus ausschließlich kurze Fahrstrecken zurück, ist bei dem Volvo Dieselmotor D8K nach ca. neun Monaten eine Regeneration des Partikelfilters notwendig, die ungefähr eine Stunde in Anspruch nimmt. Gehören längere, zusammenhängende Strecken zum Einsatzprofil, arbeitet das Abgassystem erfahrungsgemäß völlig unauffällig.
Verglichen mit PKW ist auch das absolute Speichervolumen der Partikelfilter erheblich größer. Auch betreibt ein Nutzfahrzeugantrieb im Kurzstreckeneinsatz automatisch Bemühungen zur aktiven Filterregeneration.
In keine der aktuellen Debatten fließt ein, dass alle Prognosen einen erheblichen Anstieg des weltweiten Luftverkehrs voraussagen. Da die Luftfahrt von innovativen Antrieben noch sehr viel weiter entfernt ist als Landfahrzeuge, führt diese Entwicklung zu erhöhtem Kerosinbedarf.
Es ist nicht möglich, aus Erdöl nur das begehrte Kerosin herauszudestillieren. Vielmehr erhält man die gesamte Bandbreite von Leichtbenzin bis Asphalt. Den zwangsläufig anfallenden Anteil an Heizöl EL (=Dieseltreibstoff) könnte man verstromen. Oder vertanken. Aus Umweltsicht macht beides nicht froh.
Es ist, so die Bilanz der langen Kurzabhandlung, aus Umweltsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Frage persönlicher Vorlieben, für welche Antriebsart man sich beim neuen Bücherbus entscheidet. Keiner der zur Verfügung stehenden Alternativen verweist eine andere auf die Plätze.
Und natürlich ist es eine Frage des Geldbeutels. Beim Gasbus muss man mit ca. 10% Aufpreis rechnen. Für den Elektrobus mit deutlich mehr.
Wieviel, werden wir bald schon sagen können.
Wir freuen uns über die rege Diskussion zum Thema.
Lutz Steiner Dipl. Ing. (FH)
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