„Seit es keine Bücherbusse mehr gibt, fehlen auf dem Lande Möglichkeiten zum Ausleihen. Eine Alternative sehen Bibliothekare nur in elektronischen Medien. Doch den meisten Bibliotheken fehlt die Möglichkeit dazu.
Während sich noch bis zum 15. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse alles um das Lesen dreht, zeigt die Karte der rund 90 öffentlichen Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpommern viele weiße Flecken: Längst nicht alle Einwohner des Bundeslandes haben eine Bibliothek in gut erreichbarer Nähe. Eine Lösung des Problems sehen Bibliothekare in der Digitalisierung. „Veraltete Busse mit verschlissenen Medien sind jedenfalls nicht die Alternative“, sagte die Direktorin der Stadtbibliothek Wismar, Uta Mach, in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Die Onleihe erscheint tatsächlich als zeitgemäße Antwort auf dieses Problem.“ […]
Mecklenburg-Vorpommern setzt auf die Onleihe anstatt auf auf „veraltete Bücherbusse mit verschlissenen Medien“, so Frau Mach, ihres Zeichens Direktorin der Stadtbibliothek Wismar. Mit letzterem hat sie recht, schrottreife Fahrzeuge mit unterirdischem Medienangebot machen keinen Sinn.
Aber: Warum wird dann weiterhin im Bildungsbereich nicht investiert, um ein solches mobiles und flexibles Bildungsangebot im ausblutenden ländlichen Raum zu erhalten und zu optimieren?
Die Onleihe „verleiht“ eMedien (bei Büchern fehlt allerdings die Hälfte der Bestseller wegen fehlender oder unbezahlbarer Lizenzen … ).
Das ist schon alles!
Die fahrenden Bibliotheken können und dürfen prinzipiell JEDES gedruckte Buch verleihen, sie sind ein wichtiger Baustein in der Leseförderung und kooperieren dabei mit Familien, Kitas, allen Schulformen und anderen Bildungsinstitutionen. Sie sind auf dem Lande manchmal der einzige Treffpunkt der Ortsgemeinschaft, (Ach ja, da ist ja noch der Chat- oder Forumsaustausch – tolle Alternative!), vermitteln Medienkompetenz (auch und gerade notwendig wegen der Onleihe!), verleihen elektronische Geräte wie Ting- oder Tiptoistifte, eBook-reader zum Ausprobieren. Gerade auf dem Lande sind Bücherbusse ein Beitrag zur Angleichung des Stadt-Landgefälles.
Die Onleihe ist derzeit nicht einmal annähernd eine Alternative zu Bücherbussen! Allenfalls eine attraktive Ergänzung des Medien- und Serviceangebots.
Ich will hier aus Zeitgründen nicht weitere Vorzüge der fahrenden Bibliotheken propagieren, empfehle aber Frau Mach, mal über den Tellerrand zu schauen und sich über moderne Fahrbibliothekskonzepte in anderen Bundesländern zu informieren.
Übrigens: Unter dem Originalartikel bei Heise.de finden sich zahlreiche durchaus kontroverse Kommentare, eine Lektüre lohnt sich …
„Zeitgemäße Antwort“ auf veraltete Bestände sind die digitalen Bestände der onleihe?
Wenn man sich die größte Nutzergruppe der Fahrbibliotheken (in Bremen sind knapp 70% der Nutzer der Busbibliothek unter 12 Jahre, bundesweit sieht es ähnlich aus) ansieht und sich dann das Angebot der onleihe betrachtet, merkt man sehr schnell, dass da etwas nicht zusammenpasst.
Zudem ist gerade für Kinder im Vor- und Grundschulalter die Haptik ein nicht zu unterschätzender Faktor im Bereich Leseförderung. Bücher können anders erlebt werden als die Darstellung eines Buches auf einem Bildschirm.
Ebooks samt onleihe haben ihre Berechtigung und gerade vor Ferien erleben wir auch in den Fahrbibliotheken, dass sich die Mediennutzung ändert: Es werden deutlich wenige Bücherpakete mit in den Urlaub genommen. Das onleihe-Angebot wird in diesem Zusammenhang seitens unserer LeserInnen gut genutzt, aber auch eher als zusätzliches Angebot wahrgenommen.
Auch vor diesem Hintergrund wenig überraschend: Gerade im Erwachsenenbereich jammern die Verleger seit Jahren, dass der ebook-Markt in Deutschland auf unerwartet niedrigem Niveau stagniere. Offenbar können ebooks samt onleihe eben NICHT das ersetzen, was physische Medien und damit auch (Fahr-)Bibliotheken und Buchhandel bieten.