Das Süderländer Tageblatt berichtet am 19. April 2006:
HERSCHEID Wenn die Mitglieder des Herscheider Gemeinderates am nächsten Montag, 24. April, zusammenkommen, dann werden sie sich mit dem „Bücherbus“ befassen. Gleich zwei Anträge der heimischen Ratsfraktionen behandeln dieses Thema. Dabei tendieren die Absichten der Kommunalpolitiker in zwei unterschiedliche Richtungen. Die UWG-Fraktion will trotz der bereits getroffenen Entscheidung des Kreistages – der Medienbus wird abgeschafft – um den Erhalt des Bücherbusses kämpfen. In einer Resolution solle der Rat den Kreistag dazu auffordern, diese Beschlussfassung zu überdenken. „Sicherlich finden sich im Kreishaushalt Einsparmöglichkeiten in anderen Positionen, die die entstehenden Kosten kompensieren“, so der Fraktionsvorsitzende Hans-Jürgen Jülich in einem Schreiben an Bürgermeister Schütz. Während die UWG den Kampf um den Bücherbus noch nicht aufgegeben hat, kümmert sich die FDP bereits um die Zukunft. Die Liberalen wollen die Gemeinde damit beauftragen, beim Kreis schnellstmöglich Interesse am Bücherbestand des Bücherbusses anzumelden. […]
Die Lüdenscheider Nachrichten hingegen haben den Bücherbus in ihrem Artikel vom selben Tag bereits abgeschrieben:
Für den Bücherbus gibt es schon einen Interessenten
Eine der letzten Touren der rollenden Bücherei in der Doppelgemeinde. Geplante Abschaffung stößt auf Unverständnis. „Umbau zur Küche“
NACHRODT-WIBLINGWERDE · Viel TÜV hat er nicht mehr. Im Juli müsste er hin. Die Tür funktioniert auch nicht mehr richtig, die Pneumatik scheint defekt. Es ist nicht mehr viel los mit dem Bücherbus des Märkischen Kreises. Doch das betrifft nicht nur die Technik. Der Kreistag hat mit knapper Mehrheit die Einstellung der rollenden Bücherei verfügt. Erst langsam formiert sich der außerparlamentarischen Widerstand gegen die Entscheidung. Am kommenden Dienstagabend ist in der Altenaer Burg Holtzbrinck eine Versammlung – der Protest wird organisiert.
Das ist offenbar auch dringend nötig – denn die betroffenen Kunden sind protestbereit, vermissen Unterschriftenlisten, suchen nach Möglichkeiten ihren Widerstand kund zu tun. Anja Pingel aus Nachrodt gehört dazu, wäre gerne bereit, ihre Unterschrift unter eine Liste zu setzen. Sie ist sauer über die Entscheidung der Kreistagsmehrheit und wird bei den nächsten Wahlen entsprechend handeln. Pingel ist Stammkundin des Bücherbusses versorgt ihren Sohn mit Lesestoff. „Kinder sollen viel lesen – und dann wird doch gestrichen,“ ärgert sie sich. Das Verhalten der Nachrodterin ist offenbar typisch. Zumindest weiß Bibliothekar Wolfgang Leonhard, der seit 28 Jahren auf dem Bücherbus mitfährt, von vielen zu berichten, die nach einer Möglichkeit suchen, ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. „Etliche fragen nach Unterschriftenlisten – aber die dürfen hier im Bus natürlich nicht ausliegen,“ sagt Leonhard. Befürworter der Entscheidung den Bücherbus abzuschaffen gibt es offenbar unter der Kundschaft nicht. Wohl jene, die resignierend die Schulter zucken und auch jene, die sich „ganz massiv aufregen“ würden. Einige Orte gibt es, da rege sich besonders scharfer Protest: Drüpplingsen, Hennen, Dahle und Wiblingwerde gehören zu den Orten, wo sich die Kunden massiv ärgerten. Betroffen von der Abschaffung wären in erster Linie jene, die eben nicht mobil sind wie Kinder und ältere Leute. Die wussten bislang den Service sehr zu schätzen.
4500 Medien hat der Bus parat, Bestellungen sind möglich und es gibt sogar Leute, die „mit dem Bücherbus Abitur“ gemacht haben. Gedacht ist der Service eben für jene Außenbezirke im Kreis, die mit Medien unterversorgt sind. Der Service kann bald ein Ende haben. Dreieinhalb Stellen sind betroffen, entlassen werde aber niemand, sagte Leonhard. Die Medien würden bei Eisntellung auf die Büchereien verteilt, der Bus würde verkauft. Einen Interessenten hatte Leonhard schon: „Der wollte den Bus kaufen, um eine daraus eine Küche zu machen.“ ·