Das Forum Fahrbibliothek ist derzeit offline. Zwei aktuelle Themen, über die sich unlängst intensiv im Forum ausgetauscht wurden, werden an dieser Stelle anonymisiert dokumentiert. Antworten und Rückfragen sind hier nach Angebe der Mailadresse möglich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Stadtbibliothek Köln beabsichtigt, einen neuen Bücherbus anzuschaffen. Damit wir uns ein möglichst umfassendes Bild von Möglichkeiten und Erfordernissen bei der Beschaffung eines neuen Busses machen können, würden wir gerne mit Bibliotheken Kontakt aufnehmen, die in diesem oder letztem Jahr einen neuen Bus bekommen haben oder ebenfalls beabsichtigen, einen neuen Bus zu kaufen.
Den neuen Bus in Duisburg haben wir uns bereits angesehen! Ich freue mich über Ihre Meldungen in diesem Forum […]
Und noch eine wichtige Frage: Wer beschäftigt sich von Ihnen mit der Frage nach einem alternativen Antrieb? Auch hier würde ich mich über eine Rückmeldung sehr freuen.
Herzliche Grüße aus dem sonnigen Köln!
RH
Neue Fahrzeuge unterschiedlicher Größe wurden seit Anfang 2017 in folgenden Städten in Dienst gestellt:
Hamm, Kreis Dahme-Spreewald, Kreis Steinburg, Gladbeck, Berlin Tempelhof-Schöneberg, Dresden (Auflieger), Berlin-Spandau (http://www.fahrbibliothek.de/category/neue-fahrzeuge/)
Kontaktdaten finden Sie unter http://www.fahrbibliothek.de/fahrbibliothek/
Mit alternativen Antrieben für Fahrbibliotheken haben sich meines Wissens zuletzt die Bibliotheken in Saarbrücken, Heidelberg und Regensburg* beschäftigt.
Viele Grüße aus Bremen (ebenfalls sonnig),
MW
Die Fahrbibliotheken der Münchner Stadtbibliothek haben sich ebenfalls mit alternativen Antrieben beschäftigt. Wir wollen voraussichtlich in diesem Jahr eine Ausschreibung veröffentlichen für ein neues „Büchereifahrzeug“ (Bus oder LKW, da sind wir offen) mit Erdgasantrieb. Darauf haben wir uns bereits festgelegt.
Viele Grüße aus München,
SK
Saarbrücken beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema und hat, ähnlich wie auch Heidelberg, politisch grünes Licht für diesen Weg. Aus Gründen des geringen aktuellen Wettbewerbs und der zum Teil sehr pilothaften Situation möchte ich mich jedoch nicht über den aktuellen Sachstand bei uns in einem Forum äußern.
Nur so viel:
1.) de facto hat zur Zeit kein Aufbauhersteller für eine 12 Meter Variante einen entsprechenden Antrieb im Regal zum „Sofort loslegen“.
2.) Die aktuelle politische Lage ist nur wenig sachlich (siehe Bericht 3sat nano vom März 2018: https://youtu.be/0Gxl-0t-ZMw)
3.) Während im Niederflursegment (ÖPNV) Bewegung ist, bleibt das Hochflursegment (Reisebus) aufgrund der Anforderungen weit zurück. Aktuell in Europa gibt es einsatzfähige Busse von BYD und Yutong – bei letzterer Firma wird Flixxbus den Betrieb mit dem Modell ICE 12 in Frankreich starten (http://www.dietrichcarebus.fr/vehicule/ … lectrique/). Das heißt jedoch noch nicht, das darauf ein Bücherbus aufbaubar ist!
4.) Der Bücherbus in Großstädten ist aufgrund seiner geringen Laufleistung optimal für den E-Betrieb, auch wenn die Standheizung im Bedarfsfall weiter vor sich hin dieselt. Die Zukunft im mobilen Segment wird ein breiter Energiemix von Diesel, Erdgas und Wasserstoff – je nach Einsatzbedarf. Der Exot „Bücherbus“ bleibt auch hier in seinen Anforderungen seinem Status treu. In Saarbrücken ist beim Bus dann nicht nur die deutsche Umweltplakette wichtig sondern zukünftig auch die französische Crit´Air https://www.certificat-air.gouv.fr/ – das ist dann richtig exotisch. 😉
Grüße von der Saar,
GS
Kaum ein Thema wird derart kontrovers diskutiert und kaum eines ist so vielschichtig wie die Suche nach einer Alternative zum Dieselantrieb. Dazu eine kurze Stellungnahme abzugeben ist schwierig, beinahe unmöglich. Aber einen Versuch wert.
Erd- oder Biogas, wie in München vorgesehen, ist praktikabel. Ein Gasmotor ist ein Zündkerzen- (=Otto-) Motor und kann ohne weitere Anpassungsmaßnahmen sowohl Erd-, als auch Biogas verarbeiten. Ein Bücherbus mit Biogasantrieb wurde von Kiitokori bereits gebaut. Vorteilhaft bei Gasbussen ist, dass solch ein Gas – Ottomotor bei den meisten Herstellern den selben Motorblock aufweist wie der entsprechende Dieselmotor. Der Antrieb unterscheidet sich im Layout deshalb nicht wesentlich vom Triebstrang eines Dieselbusses. Eine grundsätzliche Neukonstruktion, wie beim Elektrobus, ist also nicht notwendig. Ein Gasmotor liefet, ähnlich wie sein Dieselpendant, eine Grundwärme, die zur Innenraumbeheizung herangezogen werden kann.
Ob ein CNG Antrieb (CNG = Compressed Natural Gas) in Frage kommt, hängt von der lokalen Gas – Infrastruktur ab. Eine Tankanlage für Nutzfahrzeuge in der Nähe ist Voraussetzung für eine zügige und vollständige Befüllung der Behälter. Ein generelles Problem bei Erd- oder Biogas stellt die stark schwankende Qualität der Ware und diesbezüglich in erster Linie deren Wassergehalt dar. Hoher Wassergehalt kann vor allem im Kurzstreckeneinsatz zu Korrosionsproblemen im Motor führen.
Vor allem ein finanzieller Nachteil, aber auch der Ökobilanz nicht zuträglich ist, dass gemäß der Verordnung für Gasanlagen in Fahrzeugen die Gasbehälter nach spätestens zehn Jahren Betrieb getauscht werden müssen. Dies unabhängig von deren Zustand und der Laufleistung des Fahrzeugs.
Sehr viel mehr im Fokus aktueller Debatten allerdings steht der Elektrische Antrieb. Es gibt seit den letzten Diskussionsrunden im Forum Neuigkeiten. Geblieben ist, dass die Fahrzeugindustrie nach wie vor keine für den Aufbau einer Schweren Fahrbibliothek geeigneten Chassi stellt. Inzwischen sind aber sind von namhaften Zulieferern für solche Fahrzeuge geeignete Antriebskomponenten erhältlich. Die zweite gute Nachricht ist, dass das Fahren damit problemlos funktioniert.
Es bedeutet allerdings auch, dass die noch immer erforderliche Entwicklungsarbeit von den großen (Chassis-) Herstellern auf die kleinen Aufbauhersteller übertragen wird. Und diese ist erheblich, manifestiert sich vor allem in unzähligen Details.
Denn es bedingt im Gegensatz zum Gasbus der Elektrische Antrieb in weiten Teilen die Neukonstruktion des Fahrzeuges. Wer den Anfang macht, handelt sich einen absoluten Prototypen ein. Einige Städte und Kommunen scheinen bereit zu sein, dieses Risiko einzugehen. Im Inland und auch international sind es ein paar mehr als Saarbrücken, Heidelberg und Regensburg.
In der Wintersaison verbraucht ein Bücherbus gerne mal mehr als 50% der mitgeführten Energie für die Beheizung. Da diese Fahrzeuggattung vergleichsweise wenig fährt, aber viele Stunden beheizt wird, sollte, wie im Forum von Herrn Schleiwies bereits angemerkt, von einer doppelten Umstellung gesprochen werden; der des Antriebs und der des Heizsystems.
Der energetisch noch größere Wahnwitz als der Elektrische Heizlüfter ist der batteriebetriebene Elektrische Heizlüfter. Genau so einer allerdings wird zur elektrischen Beheizung eines Bücherbusses betrieben.
Eine Möglichkeit ist, die Heizung eines elektrisch angetriebenen Bücherbusses konventionell mit Diesel- oder Heizöl zu betreiben. Gas ginge natürlich auch. Etwas eleganter, aber auch aufwendiger ist eine Kraft- / Wärmekopplung mit den aufgeführten Betriebsstoffen. Dafür sind natürlich zuätzlich zu den Akkus Betriebsstoffbehälter mitzuführen und bei Bedarf aufzufüllen. Auch ein Abgasrohr, die damit eiher gehenden Gerüche und Betriebsgeräusche gehören dazu. Generell muss etwas mehr Energie in die Beheizung eines Elektrobusses als in die eines Dieselbusses investiert werden. Dies, weil der Antriebsmotor keine Wärme abgibt und auch, weil Elektrische Steuerungssysteme in der Kalten Jahreszeit für die sichere Funktion temperiert (=beheizt) werden müssen.
Als Faustregel kann gelten, dass 100.000 Euro in den Batteriesatz investieren muss, wer elektrisch fahren, elektrisch heizen und nach einem langen Arbeitstag sicher nach Hause kommen möchte. Für die Herstellung dieses Akkupakets werden ca. 40 bis 45 Tonnen CO2 in die Atmosphäre emittiert. Ein Vorgang, der sich wiederholt, wenn die Batterien nach ca. 10 Jahren getauscht werden müssen.
Lange wurde davon ausgegangen, dass der Preis für Litium – Ionen Batterien, bedingt durch die erwartete Massenproduktion, fallen würde. Das trat nicht ein und wird nicht eintreten. Denn lange bevor der große Ansturm auf Elektrische Mobilität losbricht, werden die dazu benötigten Rohstoffe knapp. Das betrifft das Lithium selbst, aber auch Kadmium oder die in den Antrieben verbauten, Seltenen Erden.
Lithium wird nicht recycelt. Weil es sich (noch) nicht lohnt. Doch selbst wenn Recycling dieses Rohstoffes eines Tages stattfindet, werden die so gewonnen Rohstoffe allenfalls ein kleiner Zufluss in den großen Strom der benötigen Menge sein.
Forscherteams arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung neuer Batteriesysteme, deren elektrochemische Reaktionen auf anderen Materialpaarungen als dem jetzt gebräuchlichen Litium und Kobaltdioxid basieren. Die bei nochmals höherer Energiedichte energetisch günstiger herzustellen sind. Solche Stromspeicher werden kommen und auch eine verbesserte elektromobile Infrastruktur. In zehn Jahren, realistischer in zwanzig, kann es so weit sein. Nicht ganz von der Hand zu weisen sind pragmatische Stimmen, die raten, mit dem Umstieg noch zu warten.
Jede umweltorientierte Maßnahme im Fahrzeugbau zeigt mit steigender Stückzahl und Laufleistung größere Effekte. Was beides betrifft, ist der Bücherbus ein eher kleiner Umweltsünder.
Dies ist wohl ein Grund dafür, dass es bezüglich der tatsächlichen Umweltbilanz der beiden Antriebskonzepte Diesel und Elektrisch im Bücherbus keine tragfähigen Aussagen gibt. Wohl aber Rechenmodelle zum CO2 Ausstoß im Fahrbetrieb und auch bei der Produktion. Auf Basis dieser Modelle erstellten wir interne Berechnungen zur Bilanz eines Bücherbusses über zehn Jahre. Verglichen wurden ein Dieselbus und ein elektrisch angetriebener und beheizter Bus.
Wie erwartet, belastet der E – Bus die Umwelt mit jedem gefahrenen Kilometer deutlich geringer als das Diesel – Pendant. Das Heizen hingegen und die Produktionsblianz sind ungünstiger. Ein Bücherbus fährt recht wenig, wird aber über vergleichbar viele Stunden beheizt.
In der Zehnjahresbilanz liegen der Diesel- und der elektrisch betriebene Bücherbus erstaunlich dicht beisammen.
Ein Grund dafür ist, dass der Dieselantrieb, in seiner Nutzfahrzeugversion zumal, deutlich besser ist als sein Ruf. Das liegt zum einen im hohen thermodynamischen Wirkungsgrad begründet. Aber sicherlich auch darin, dass Abgastricksereien im PKW Bereich durch die dort angewandten Messmethoden Türen zumindest ein gutes Stück weit aufgestoßen wurden. So finden PKW Abgasmessungen quasi im Schongang statt. Sowohl der Bereich hoher Geschwindigkeit, als auch der hohe Lastbereich werden nicht erfasst. Nutzfahrzeugantriebe hingegen werden ohne Peripherie nach Lastpunkten gemessen, welche auch die Volllast umfassen. Verglichen mit einem 30 Jahre alten Aggregat, emittiert ein Euro 6 Antrieb nur noch 2% der Stickoxide.
Besser als erwartet ist nach der Erfahrung der ersten vier Betriebsjahre das Kurzstreckenverhalten der Euro 6 Dieselmotoren. Legt der Bücherbus ausschließlich kurze Fahrstrecken zurück, ist bei dem Volvo Dieselmotor D8K nach ca. neun Monaten eine Regeneration des Partikelfilters notwendig, die ungefähr eine Stunde in Anspruch nimmt. Gehören längere, zusammenhängende Strecken zum Einsatzprofil, arbeitet das Abgassystem erfahrungsgemäß völlig unauffällig.
Verglichen mit PKW ist auch das absolute Speichervolumen der Partikelfilter erheblich größer. Auch betreibt ein Nutzfahrzeugantrieb im Kurzstreckeneinsatz automatisch Bemühungen zur aktiven Filterregeneration.
In keine der aktuellen Debatten fließt ein, dass alle Prognosen einen erheblichen Anstieg des weltweiten Luftverkehrs voraussagen. Da die Luftfahrt von innovativen Antrieben noch sehr viel weiter entfernt ist als Landfahrzeuge, führt diese Entwicklung zu erhöhtem Kerosinbedarf.
Es ist nicht möglich, aus Erdöl nur das begehrte Kerosin herauszudestillieren. Vielmehr erhält man die gesamte Bandbreite von Leichtbenzin bis Asphalt. Den zwangsläufig anfallenden Anteil an Heizöl EL (=Dieseltreibstoff) könnte man verstromen. Oder vertanken. Aus Umweltsicht macht beides nicht froh.
Es ist, so die Bilanz der langen Kurzabhandlung, aus Umweltsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Frage persönlicher Vorlieben, für welche Antriebsart man sich beim neuen Bücherbus entscheidet. Keiner der zur Verfügung stehenden Alternativen verweist eine andere auf die Plätze.
Und natürlich ist es eine Frage des Geldbeutels. Beim Gasbus muss man mit ca. 10% Aufpreis rechnen. Für den Elektrobus mit deutlich mehr.
Wieviel, werden wir bald schon sagen können.
Wir freuen uns über die rege Diskussion zum Thema.
LS
Zum Thema „Alternativer Antrieb“ teile ich gerne diese Information, die ich gerade heute Morgen gelesen habe: die Stadt Saint-Jérôme in Kanada plant die Anschaffung eines elektrisches Bücherbus in den kommenden Monaten. Hersteller ist die Firma „Compagnie Electrique Lion“ (artikel auf Französisch) :
https://topolocal.ca/2018/05/01/bibliobus-electrique-lion-saint-jerome/
Mit freundlichen Grüssen,
JG
In St. Jérome wird wohl ein City Midibus (also ein eher kleiner Stadtbus) zum Bücherbus konvertiert.
Prognose: es wird funktionieren, und die Perspektive, fast geräuschlos durch die Quartiere und in die Seniorenzentren zu gleiten, schmeckt nach Zukunft. Fahren dürfte auch hier nicht das Problem sein.
PolitikerInnen halten sich an das Plakative. Ein Foto mit Bücherbus und Ladestation macht sich auch ausserhalb des Wahlkampfes sehr gut.
Nach dem Shooting allerdings verbringen die Teams in den Bücherbussen über Jahre einen großen Teil ihres Berufslebens in eben diesem Bus. Wie immer beengt und unter Verzicht auf viele Annehmlichkeiten fester Gebäude.
Einen elektrischen Stadtbus, ob Midi oder Full Size, zum Bücherbus umzubauen, ist die einfachste Möglichkeit. Weil es diese, im Gegensatz zu Bücherbus tauglichen Überland- oder Reisebuschassi, serienmäßig bereits gibt. Aus diesem Grunde beschreiten alle bis jetzt gemachten Ansätze zum E – Bücherbus diesen Weg.
Allerdings ist ein guter Stadtlinienbus nicht automatisch ein tauglicher Bücherbus und umgekehrt.
Stadtbus bedeutet einen zerklüfteten Fußboden, einen prinzipbedingt eingeschränkten Federungskomfort, knie- bis hüfthohe Radüberbauungen und eine erhebliche Reduzierung des ohnehin knappen Platzangebotes. Toilette oder Pentry sind sinnvoll und möglich, doch schmerzt der Platzverlust mehr noch als bei Hochbodenfahrzeugen.
Im Winter trennt im Niederflur – Omnibus nur ein dünner Boden die Füße von der eisigen Aussenluft, die unter dem Bus durchstreift. Die Beheizung von Niederflurbussen ist schon bei Stadtlinienfahrzeugen mit ständig laufendem (Diesel-) Motor schwierig. Der elektrische Niederflur – Bücherbus wird fußkalt. Im Kanadischen Winter vermutlich noch ein paar Grad kälter.
Einem Hersteller steht nicht zu, festzulegen, was für die eigenen Kunden gut ist. Und dass zum elektrisch betriebenen Bücherbus mehr an Entwicklung und Engineering gehört als einen Stadtbus zu konvertieren, ist nichts als eine Meinung.
Eine für uns interessante Information aus diesem Forum wäre, wie weit die Teams auf den Bussen bereit sind, für nach derzeitigem Stand der Technik vordergründigen Umweltschutz Einschränkungen hinzunehmen.
Sofern deren Ansichten bei Leuchtturmprojekten Gehör finden.
Viele Grüße,
LS
Da kündigt sich die erste E-Fahrbibliothek an:
https://www.digitaltrends.com/cars/winnebago-electric-bloodmobile/